Vorstellungsgründe

Jedes Kind und jede/r Jugendliche hat eine Fülle von Entwicklungsaufgaben zu bewältigen. Dies geht nicht selten mit hohen Anforderungen für die Kinder, die Jugendlichen und die gesamte Familie im Alltag einher, die gelegentlich die Bewältigungsmöglichkeiten überschreiten. Häufig ist es nicht einfach zu entscheiden, zu welchem Zeitpunkt dabei Hilfe erforderlich ist.

Wir empfehlen, Beratung oder Hilfe zu suchen, wenn die alltäglichen Abläufe in der Familie, der Kindergarten- oder Schulbesuch gefährdet sind oder selbstverständlich dann, wenn akute Krisensituationen auftreten. Die Prognose ist hier, wie auch bei fast allen körperlichen Erkrankungen, besser, je früher die Erkrankung erkannt und gegebenenfalls eine Behandlung eingeleitet wird.

In der Praxis finden eine differenzierte Diagnostik, Beratung und bei Bedarf Therapie statt. Unser multiprofessionelles Team steht Ihrem Kind, Ihnen und der ganzen Familie zur Verfügung. Die häufigsten Vorstellungsgründe werden im Folgenden dargestellt.

Kinder- und Jugendpsychiatrische Fragestellungen:

Sie können sich bei sämtlichen kinder- und jugendpsychiatrischen, -psychotherapeutischen und -psychosomatischen Fragen an die Praxis wenden. Folgende Themen können zum Beispiel Grund für eine Vorstellung sein:

  • Autismus: Asperger-Autismus, Autismus-Spektrum-Störungen
  • Mutismus: Ausgewähltes oder eingestelltes Sprechen
  • AD(H)S: Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom
  • Legasthenie: Lese-Rechtschreib-Störung
  • Dyskalkulie: Rechenstörung
  • Hochbegabung
  • Depressionen
  • Ängste
  • Zwangsstörungen: Waschzwang, Zählzwang, Kontrollzwang, Ordnungszwang oder Ähnliche
  • Verhaltensauffälligkeiten (z.B. unruhiges oder aggressives Verhalten)
  • Tic-Störungen
  • Essstörungen
  • psychosomatische Störungen
  • Störungen in der Kleinkindentwicklung
  • Wahrnehmungsstörungen

  • Äußere Belastungssituationen: Beispielsweise Trauer, Scheidung, Trauma
  • Schulprobleme: Leistungsverweigerung, Konzentrationsprobleme, Motivationsprobleme oder Ähnliches
  • Grob- und feinmotorische Schwächen

Begabung und Hochbegabung:

Die Intelligenz gehört zu den wichtigsten Voraussetzungen, um den Anforderungen in der Schule und im Leben gerecht zu werden. Eine besondere Begabung zeichnet sich durch ein hohes Potenzial an Wissen und Leistungsfähigkeit aus und stellt eine Ressource dar für das Individuum, die Familie und die Gesellschaft.

Neben dem Intelligenzquotienten (IQ>130) spielen viele andere Faktoren eine Rolle bei der Feststellung einer Hochbegabung. Die Antwort auf die Frage: „Wann ist ein Mensch besonders begabt oder hochbegabt?“ ist deshalb nicht einfach:
Zählt nur der IQ? Wie lautet die Antwort, wenn ein Kind ehemals als hochbegabt getestet wurde, aber seit langer Zeit schlechte Schulnoten erhält? Was ist bei Inselbegabungen (sportliche oder musikalische Hochbegabung) zu berücksichtigen? Wann liegt eine Unterforderung, wann eine Überforderung vor? Heißt „Hochbegabung“ auch „hohe Leistungsfähigkeit“? Und vor allem: Heißt „Hochbegabung“ auch „Glück, Erfolg, Zufriedenheit“?

Letzteres ist nicht immer der Fall. Viele besonders begabte oder hochbegabte Menschen haben es leichter als ihre Altersgenossen. Es gibt jedoch auch viele Kinder, die sich ausgeschlossen oder nicht verstanden fühlen, die ihre Leistungsfähigkeit nicht oder nicht mehr zeigen können und in der Schule Verhaltensauffälligkeiten, wie Konzentrationsstörungen oder motorische Unruhe zeigen. Manche Kinder und Jugendliche leiden unter psychosomatischen Störungen (z. B. Kopf- oder Bauchschmerzen), schlafen schlecht und wirken traurig.

Eine genaue Diagnostik ist wichtig, um Stärken und Schwächen zu erkennen. Sie bildet die Grundlage für eine angemessene Beratung und Förderung mit dem Ziel, das seelische Wohlbefinden zu stabilisieren.

Diagnostik und Beratung

Zum Thema Begabung bieten wir neben der Feststellung des kognitiven Potenzials durch standardisierte, differenzierte Intelligenztests weitere Untersuchungen an. Kenntnisse über die aktuelle Situation (Interessen, Leistungsverhalten, Arbeitsstil, familiäre Situation, Verhalten gegenüber Gleichaltrigen, körperliche Verfassung, ggfs. psychische Auffälligkeiten) sind ebenso wichtig wie die bisherige Entwicklung des Kindes. Auskünfte von Dritten (Schulzeugnisse, Vorbefunde, Unterrichtsbeobachtungen, Arztbriefe u.s.w.) sind dabei sehr hilfreich.

Wenn es sinnvoll ist, führen wir eine körperlich-neurologische Untersuchung durch. Wir interessieren uns für die Art des Denkens der Kinder, für ihre Kreativität und Fantasie. Unser Ziel ist es, ein umfassendes Bild von dem Kind und seiner Umwelt zu erhalten und unser Ansatz ist ganzheitlich und integrativ.

Im Anschluss an unsere umfassende Diagnostik erfolgt eine Beratung, die genau auf Ihr konkretes Anliegen abgestimmt ist. Dabei beachten wir das Zusammenspiel zwischen Kind, Familie, Umwelt und Schule. Die Beratung richtet sich an die betroffenen Kinder und Jugendlichen sowie an die Eltern und, sofern dies gewünscht ist, an die pädagogischen und/oder therapeutischen Begleitpersonen der Kinder.

Förderung

Besonders begabte und hochbegabte Kinder brauchen sehr häufig ein spezifisches Förderangebot, das sich an ihrem Potenzial (nicht unbedingt an der gezeigten Leistungsfähigkeit) orientiert und den Austausch mit Gleichgesinnten ermöglicht. Es bestehen Kooperationen zu verschiedenen Institutionen (z.B. Netzwerk Begabtenförderung e.V.), die spezielle Hochbegabtenförderungsangebote, vor allem im kreativen Bereich, bereithalten.

Wenn kinder- und jugendpsychiatrische Behandlungen erforderlich sind, so sind diese in unserer Praxis immer auf die Anforderungen hochbegabter Kinder und Jugendlicher abgestimmt.

AD(H)S: Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom

Kinder mit einer Störung der Aufmerksamkeit (ADS) sind besonders in der Schule leichter ablenkbar. Es fällt ihnen schwer, Arbeitsaufträge zu verstehen, sich zu organisieren und sie haben Probleme bei Gruppenarbeiten. Häufig fallen sie durch Träumen oder ein langsames Arbeitstempo auf.

Beim ADHS treten zusätzlich ein gesteigerter Bewegungsdrang und eine erhöhte Impulsivität auf. Beispielsweise fällt es den Kindern schwer abzuwarten, sie sprechen viel und häufig dazwischen. Dies führt in vielen Fällen zu Konflikten und Ausgrenzungen.

Auch bei Kindern, die kein AD(H)S haben, können diese Probleme auftreten. Eine differenzierte und qualifizierte Diagnostik ermöglicht die Abgrenzung behandlungsbedürftiger Auffälligkeiten und die Indikation für eine adäquate Behandlung.

Autismus-Spektrum-Störungen:

Autismus-Spektrum-Störungen sind gekennzeichnet durch Beeinträchtigungen der sozialen Interaktion und Kommunikation sowie Verhaltensauffälligkeiten. Betroffenen fehlt das intuitive Verständnis für Gefühle, Gedanken und Vorstellungen anderer. Es fällt ihnen schwer, soziale Situationen und Regeln zu verstehen.

Kinder mit Autismus-Spektrum-Störungen suchen meist wenig Kontakt zu Gleichaltrigen und genießen es, allein zu spielen. Häufig gibt es Auffälligkeiten in der Sprachentwicklung – etwa eine verzögerte Sprachentwicklung, Wortneubildungen oder das Wiederholen von Worten. Oft verstehen die Betroffenen das Gesagte wörtlich und können Ironie, Witze und Sprichwörter nicht deuten. Sie bevorzugen meist Wiederholungen und Rituale im Alltag, während sie Veränderungen häufig mit Angst begegnen. Kinder mit Autismus-Spektrum-Störungen widmen sich oft Teilaspekten ihrer Spielsachen oder entwickeln eng begrenzte Spezialinteressen.

Die Interessen sind vielfach auf bestimmte Themen fokussiert und ungewöhnlich (Mathematik, Technik, wissenschaftliche Teilbereiche, Lesen oder Teilbereiche von Geschichte oder Geographie). Die Sonderinteressen treten meist vor oder während des Schulalters auf. Häufig wird versucht, über diese Sonderinteressen Kontakt zu anderen Menschen aufzunehmen, indem beispielsweise fremde Menschen auf die favorisierten Themen angesprochen werden. Manchmal sind die Sonderinteressen auch einfach Übertreibungen verbreiteter Interessen, zum Beispiel Pokémon, Dinosaurier oder Computer.

Die intellektuelle Begabung von Menschen mit Autismus ist sehr unterschiedlich. Sie reicht von geistiger Behinderung bis hin zu durchschnittlicher Intelligenz, wobei einige der Betroffenen erstaunliche Teilleistungen im Rechnen, in technischen Disziplinen, in der Musik und auf anderen Gebieten zeigen. Während beim frühkindlichen Autismus Entwicklungsrückstände der Sprachentwicklung und der kognitiven Entwicklung vorliegen, fehlen diese Entwicklungsrückstände beim Asperger-Autismus.

Für die Entwicklung eines Kindes mit Autismus-Spektrum-Störung ist die frühzeitige Diagnosestellung ausschlaggebend, um auf die individuelle Situation des Kindes eingehen und auf die Familie zugeschnittene therapeutische Maßnahmen einleiten zu können. Je früher die Therapie beginnt, desto besser sind die Entwicklungsmöglichkeiten.

Autismus-Spektrum-Störung (Asperger-Syndrom) und/oder Hochbegabung

Störungen der Kommunikation, der Interaktion sowie spezifische Verhaltensauffälligkeiten können sehr selten auch bei hochbegabten Kindern vorkommen. Nicht immer liegt dann eine Autismus-Spektrum-Störung (z.B. Asperger-Syndrom) vor. Eine genaue Differentialdiagnostik zur Abgrenzung von speziellen Persönlichkeitszügen oder psychiatrischen Störungsbildern ist besonders wichtig, um die geeigneten Maßnahmen einzuleiten bzw. um eine Behandlung zu beginnen.

Autismus Spektrum Störung und/oder AD(H)S

Bei Autismus-Spektrum-Störungen kommen häufig Symptome eines ADHS vor. Oft gibt es auch ein Nebeneinander der beiden eigenständigen Diagnosen. Die autistische Störung wird häufig lange Zeit übersehen, da zunächst nur an ein AD(H)S gedacht wird.

Legasthenie: Lese-/Rechtschreib-Störung (und Hochbegabung)

Bei der Lese- und Rechtschreibstörung bestehen Probleme bei der Umsetzung der gesprochenen Sprache in geschriebene Sprache und umgekehrt. Sie ist gekennzeichnet durch eine von der Lese-Rechtschreibfähigkeit deutlich abweichende kognitive Leistungsfähigkeit. Auch hochbegabte Kinder und Jugendliche können von einer Lese- und Rechtschreib-Störung betroffen sein. Die Diagnosestellung erfolgt häufig in einem deutlich höheren Lebensalter, da hochbegabte Kinder über lange Zeit trotz einer Teilleistungsstörung den schulischen Anforderungen gerecht werden können und im Rahmen ihrer Begabung über bessere Kompensationsmöglichkeiten verfügen. Auch für hochbegabte Kinder gilt, dass die Ergebnisse der lerntherapeutischen Behandlung besser sind, je früher die Behandlung beginnt.

Dyskalkulie: Rechenstörung (und Hochbegabung)

Kinder und Jugendliche mit einer Rechenstörung haben ausgeprägte Schwierigkeiten im Umgang mit Zahlen und beim Verständnis von Rechenvorgängen. Dies sagt nichts über die Intelligenz der Betroffenen aus. Oftmals finden sich unter ihnen besonders begabte Menschen mit überdurchschnittlichem IQ. Kinder mit einer Rechenstörung entwickeln besonders häufig Ängste, Depressionen und andere psychische Befindlichkeitsstörungen. Eine frühzeitige Diagnostik und gegebenenfalls eine Lerntherapie sind deshalb wichtig.